Meinung

Lothar Wieler: Ein politisch missbrauchter Wissenschaftler – aber nur eine Personalie im System

RKI-Präsident Lothar Wieler dankt ab. Auf sein Institut berief und beruft sich die Politik für all ihre teils irrationalen bis grausamen Schikanen der vergangenen drei Pandemie-Jahre. Doch er war und ist nicht das Problem. Der Fehler liegt im System. Eine persönliche Abrechnung.
Lothar Wieler: Ein politisch missbrauchter Wissenschaftler – aber nur eine Personalie im SystemQuelle: www.globallookpress.com © www.imago-images.de

Von Susan Bonath

Drei Jahre lang war Lothar Wieler der Corona-Cheferklärer und Einflüsterer der Bundesregierung. "Sein" Haus, das Robert Koch-Institut (RKI), gelangte 2020 zu ungeahnter, ungeheurer Macht: Alle Verordnungen und die meisten Gerichtsurteile beruhten auf Erklärungen und Zahlenspielen aus dem RKI. Zu Beginn der ausgerufenen Pandemie gab Wieler den autoritären politischen Kurs vor: Niemand dürfe die Maßnahmen hinterfragen, das erklärte er öffentlich. Nun zieht der Präsident der omnipräsenten Behörde für sich die Reißleine. Viele Kritiker dürften jubeln. Doch das System wird bleiben, Wieler ist darin nur eine Personalie.

Kinder und Alte besonders schikaniert

Ich will den dreijährigen Wahnsinn rückblickend kurz umreißen. Denn der Mensch neigt zum Verdrängen unliebsamer Episoden. Am Anfang kam der Lockdown. Die Schulen wurden geschlossen. Überforderte Eltern im Homeoffice mussten nebenher ihre Kinder unterrichten – zwei ungewohnte Vollzeitjobs auf einmal. Alle wurden mit Kontaktsperren, Ausgehverboten, später mit Maskenpflicht in öffentlichen Räumen gegängelt.

Es scheint, als haben sich maßgebliche Politiker und am Ende die ganze Gesellschaft vor allem an denen ausgelassen, die sich am wenigsten wehren können. Kinder wurden zu Infektionsschleudern erklärt. Um Erwachsene zu schützen, zwangen Politiker und Lehrerschaft schon Grundschüler unter fragwürdige Masken. Im ersten Corona-Winter froren die Kleinen bei geöffneten Fenstern in den Klassenräumen, hin- und hergerissen zwischen Homeschooling und Präsenzunterricht, zu ständigen Corona-Tests gezwungen. Manche Schulen praktizierten die Maßnahmen bis zum Exzess. Dass viele Kinder dadurch einen psychischen Schaden erleiden würden, war eigentlich klar.

Vor Corona schützen wollte man angeblich die Alten. Wer seine letzten Lebensjahre oder -monate in einem Pflegeheim verbringen musste, wurde entmündigt und weggesperrt. Besuche, Gruppenaktivitäten, Spaziergänge: Alles verboten. Wie viele Menschen wegen Corona-Maßnahmen einsam und allein in Heimen oder Kliniken starben, ist nicht bekannt. Geschichten darüber gibt es viele – ein überaus grausames Kapitel.

Als Grundlage für die politische Praxis dienten stets die vom RKI gesammelten Testzahlen. Bis heute weiß niemand, wie viele tatsächlich am Coronavirus schwer erkrankten, wer "wegen" oder nur "mit" Corona in die Klinik kam, wer "an" oder "auch mit" Corona starb. Dass es 2020 im Lichte der Alterung der deutschen Bevölkerung – und zwar im Gegensatz zu den beiden folgenden "Impf-"Jahren – keine Übersterblichkeit gab, interessierte nicht. Es ging (und geht) um Angstmache. Das belegt das 2020 aufgeflogene Pandemie-Papier der Bundesregierung. Und das RKI unter Lothar Wieler zog kräftig mit an diesem Strang.

Politisch motivierte Wissenschaft

Ende 2020 kamen im Blitztempo die eiligst im Schnellverfahren auf den Markt geworfenen, neuartigen genbasierten Impfstoffe – und es wurde schlimmer. Die am RKI ansässige Ständige Impfkommission (STIKO) empfahl es, und dann wurde auf Teufel komm' raus gespitzt – zuerst die Alten in den Heimen und das Personal. Impftrupps zogen durch die Pflegeeinrichtungen, nicht selten in Begleitung der Bundeswehr. Welcher 90-Jährige hat sich dagegen wohl gewehrt? Werbung ersetzte Aufklärung, Glaube die ärztliche Ethik und Vorsicht. Man wusste ja nicht viel über die Präparate, und irgendwie wollten es viele auch lieber nicht wissen.

Erinnert sei an unzählige Berichte Anfang 2021 über rätselhafte Sterbe- und Corona-Wellen in manchen Pflegeheimen, zufällig unmittelbar nach Beginn der Impfkampagnen. "Experten" überboten sich mit Spekulationen: Die erste Impfung wirke wohl noch nicht so gut, man müsse die zweite abwarten, und dann nochmal sieben, nein 14 Tage. Außerdem waren die Geimpften schon alt und wären sowieso gestorben, hieß es. Wer dem nicht bedenkenlos traute, wurde als Coronaleugner, Schwurbler, Fake-News-Verbreiter und Rechtsextremist verunglimpft.

Die STIKO unterm Dach des RKI focht das nicht an. Statt Verdachtsfälle genau untersuchen zu lassen, sprach sie, der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA folgend, eine Empfehlung nach der anderen aus, bereits im Sommer 2021 dann doch sogar für Kinder ab zwölf Jahren. Selbst in den Medien publizierte plötzliche Todesfälle von Jüngeren – erinnert sei an die 32-jährige Dana Ottmann, die 15-jährige Cheyenne Braun und den 12-jährigen Jason aus Cuxhaven – veranlasste niemanden im "System RKI" zum genaueren Hinsehen.

Im Gegenteil: Wegschauen schien das Gebot der Stunde zu sein. Gemeinsam mit der Bundesregierung und allen Landesregierungen im Gefolge fuhr das RKI einen strikten politischen Kurs unter Ausblendung aller unliebsamen Fakten. Wenn Wieler nun meint, "die Unabhängigkeit der Forschung muss auch künftig akzeptiert werden", klingt das zynisch. Besagte Wissenschaft im Regierungsauftrag war und ist in Pandemie-Zeiten alles, nur leider nicht unabhängig.

Schikanen nach RKI-Vorgabe

Unter Berufung auf das RKI dachten sich die Regierenden immer neue Schikanen aus: Impfpflicht für Soldaten und medizinisches Personal zum Beispiel; für die Allgemeinbevölkerung scheiterte dieses Ansinnen im April 2022 eher knapp im Deutschen Bundestag, nicht aus Vorsicht und Vernunft. Dabei wusste man damals schon seit über einem Jahr, dass die Präparate weder vor Ansteckung noch vor Übertragung des Virus schützen. Man wusste sogar, dass sie auch schwere Verläufe nach einer Infektion nicht komplett verhindern.

Doch das RKI unter Wieler und die führenden Politiker taten alles, um Sicherheitsbedenken und mangelnde Wirksamkeit der Präparate unter den Teppich zu kehren. Es wurde getrickst und geschummelt, was das Zeug hält: Beim Impfstatus von Corona-Patienten, bei der Belegung der Intensivstationen und deren Betten-Kapazität und so weiter. Unliebsames verheimlicht man bis heute vor der Öffentlichkeit. Das RKI glänzte mit teils skurrilen Interpretationen mangelhaft erhobener Daten. Und wenn man gar keine hatte, berief es sich mal eben auf irgendeine zufällig passende Studie aus dem Ausland. Fragesteller oder gar Kritiker fanden kein Gehör.

Unter Berufung auf diese offensichtlich politisch motivierten Daten-Sammlungen und -Interpretationen des Instituts gingen Staat, Behörden und Medien schließlich – entgegen allen vorliegenden Fakten – auf Ungeimpfte los. Man beschimpfte sie aufs Übelste, drohte ihnen mit Behandlungsverweigerung und härtesten Strafen, schloss sie vom gesellschaftlichen Leben fast komplett aus – "3G" und "2G" wurden für Monate zum vorrangigen Schikane-Instrument. Ungeimpfte durften ungetestet nicht mal Bahn fahren und den Arbeitsplatz betreten.

Erinnert sei zudem an die Verkürzung des sogenannten "Genesenen-Status" von sechs auf drei Monate vor einem Jahr – auf Anordnung des RKI unter Wieler. Die schwammigen Begründungen beruhten auf bloßen Annahmen und Spekulationen. Wie viele durch diese Maßnahmen ihren Job und ihre Existenz verloren oder gar in den Suizid getrieben wurden, ist nicht bekannt. Bekannt ist aber, dass bis heute zig Ärzte juristisch hart verfolgt, teils schon bestraft wurden, weil sie Kinder und Erwachsene per Attest von Masken befreiten. Auch dafür beruft sich der Staat auf Wielers RKI.

Institutionelle Mauschelei

Mit diesem "System RKI" habe ich fast drei Jahre lang kommuniziert. Oder besser: Ich habe es versucht und bin gegen Mauern der Abwehr gestoßen, und auf Textbausteine. Statt echter Antworten schickte mir die Pressestelle des Instituts in aller Regel belanglose Floskeln. Fragen hatte ich im Laufe der Pandemie-Maßnahmen viele gestellt. Die meisten sind bis heute unbeantwortet – und alles läuft weiter wie gehabt.

So weiß die Öffentlichkeit im Jahr vier der Pandemie noch immer nicht, wer wirklich an Corona starb, wie viele Impfgeschädigte kurzerhand zu Fällen von Long COVID erklärt wurden, wie viele drei-, vier- oder gar fünffach Geimpfte auf den Normal- und Intensivstationen liegen, wie hoch die Anzahl der Myokarditis-Fälle nach einer Spritze mit mRNA-Substanz wirklich ist, wie viele Kinder durch diese starben und vieles mehr.

In seinen Berichten setzt das RKI auf intransparente Autorität. Für seine offiziellen Berechnungen der Impfeffektivität beispielsweise bemüht es nach wie vor einen winzigen Prozentsatz aller Corona-Patienten. Keiner weiß, nach welchen Kriterien man sich die Impfstatus-Zahlen herausgepickt hatte. Und selbst diesen unklaren Daten widersprechen die veröffentlichten "Effektivitätskurven" des Instituts. Denn die entstammen irgendwelchen Modellierungs-Fantasien namentlich nicht genannter "Experten" – für Dritte nicht nachprüfbar.

Überhaupt: Fast keine Aussage des RKI war bisher nachprüfbar für oder durch interessierte Betroffene. Warum das Institut etwa für Staubschutzmasken (FFP2) des Arbeitsschutzes plädierte, warum für die Maskenpflicht von Kindern, für eine Verkürzung des Genesungszertifikats, für die Impfpflicht im Gesundheitswesen, für Lockdowns, für Besuchsverbote in Altenheimen und Kliniken, für Schulschließungen und vieles mehr. Alle meine Fragen dazu scheiterten an Unwilligkeit, Geheimhaltung und institutioneller Mauschelei – Informationsfreiheit der Presse hin oder her.

Missbrauch der Wissenschaft

Ob wenigstens etwas davon dem in einem behördlichen Apparat so hoch aufgestiegenen Veterinärmediziner Lothar Wieler bewusst ist und ob er sich mit seinem Abtritt zum 1. April nun deshalb aus der Affäre zu ziehen versucht, bleibt spekulativ. Es ist aber auch egal.

Denn eines steht fest: Wieler war und ist nur eine Personalie. Das System wird sich nach seinem Abtritt nicht ändern. Dieses System ist keineswegs nur auf das RKI beschränkt. Das Institut untersteht dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG), also der Regierung, und arbeitet folglich auf Anweisung. Es ist damit vor allem eine politische Behörde, ebenso wie auch das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und wie alle Staatsanwaltschaften.

Es ist zu erwarten, dass die Bundesregierung – egal in welcher Besetzung – alles unternehmen wird, um künftig eine Aufarbeitung der entstandenen "Kollateralschäden" der vergangenen drei Jahre zu verhindern. Ihre staatlichen Institutionen werden sie dabei tatkräftig unterstützen. Wer will schon seinen gut dotierten Job in diesem Apparat verlieren? Sie haben ja alle mehr oder weniger mitgemacht.

Und es geht um noch viel mehr: nämlich um gezielte Irreführung der Bevölkerung, massenhafte Verstöße gegen Menschen- und Grundrechte sowie zahlreiche Gesetze, Verfolgung Unschuldiger, Gefährdung von Menschenleben zum Beispiel. Vor allem geht es um eines: um den Missbrauch der Wissenschaft für politische Zwecke – in einem nie dagewesenen Ausmaß.

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